Mai 2009 Umweltbrief.org Strom-Kartell: Kostenlose Verschmutzungsrechte und Strompreis-Wucher ____________________________________________________________________ In Deutschland wurden im vergangenen Jahr insgesamt rund 870 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen, 474 Millionen Tonnen davon kamen aus Sektoren, die dem Emissionshandel unterliegen - Kraftwerke und Industrie. Zwischen 2008 bis 2012 soll die nun jährlich 482 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen dürfen. Denn im Jahr 2004 bekamen die Stromkonzerne RWE, eon, Vattenfall etc. die Verschmutzungsrechte in Höhe von 4 Milliarden Euro von der Bundesregierung geschenkt. Doch das Strom-Kartell nutzt diesen Milliarden-Vorteil derart aus, indem es nun die nicht gezahlten Emissionszertifikate einfach auf die Verbraucher umlegt, um damit die Strompreise zu erhöhen. So lohnt sich das dreckige Kohlekraftwerk doppelt. Das Ganze wird dann zu einer Kohleförderungspolitik. Wen wundert es da, dass noch 45 neue Kohlekraftwerke entstehen sollen. Erst ab 2012 soll Schluss sein mit der kostenlosen Vergabe von Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten an die deutsche Industrie, die trotzdem auf den Strompreis aufgeschlagen werden. Das funktioniert, weil es auf dem deutschen Strommarkt keinen echten Wettbewerb gibt. Ein Weiterer Trick des Kartells ist die künstliche Verknappung von Strom, indem nur ein Teil der Kraftwerke betrieben wird. Dadurch wird an der Leipziger Strombörse (EEX) nach US-amerikanischem Muster der Strompreis in die Höhe getrieben. Das Kartell verkauft also nicht direkt an seine Kunden, sondern benutzt eine künstliche Börse zur Verteuerung - die Verbraucher müssen zahlen. Außerdem behauptet ein Insider, dass Händler an der Leipziger Strombörse illegale Preisabsprachen treffen sollen. So kostet dann eine Megawattstunde, die in der Produktion ca. 15 Euro kostet, für die Verbraucher 50 Euro! Konkret sollen den Stromkunden in Deutschland dadurch im Jahr 2006 rund 314 und im Jahr 2007 rund 494 Millionen Euro zu viel berechnet worden sein. Laut Umweltminister Gabriel gibt es auf dem europäischen Strommarkt noch keinen ausreichenden Wettbewerb, um die Gefahr steigender Strompreise als Folge einer Auktionierung zu bannen. Hinzu kommt noch das Geschäft mit dem Stromnetz: Die großen Stromkonzerne in Deutschland erzielen durch überhöhte Gebühren für die Nutzung ihrer Stromnetze riesige Gewinne - auf Kosten der Verbraucher. Die Eigenkapitalrenditen würden teilweise mehr als 40% betragen, sagt der Bilanzexperte Professor Lorenz Jarass von der Fachhochschule Wiesbaden. Zur Berechnung ihrer Gebühren für Stromleitungen, Trafos und Zähler legen die Netzbetreiber nicht ihre tatsächlichen Kosten zugrunde, sondern die Preise, die sie für solche Investitionen jeweils tagesaktuell zahlen müssten. Und das bei völlig veralteten Netzen... So stiegen die Strompreise seit 2000 um 46%. Wegen des Verdachts, zu hohe Kosten für Regelenergie berechnet zu haben, hat die Bundesnetzagentur Anfang April ein Missbrauchsverfahren gegen die Stromkonzerne E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW eingeleitet. Wiederholt hat die EU wegen Preisabsprachen hohe Geldstrafen an Unternehmen verhängt. Nun sind die Stromkonzerne ins Visier von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes geraten, die eine Zerschlagung der Energieriesen fordert. In Bremen plant die Energiehaus-Genossenschaft, ihre Mitglieder unabhängig von den Energiekonzernen mit Gas zu versorgen. Doch Probleme mit den Netzbetreibern verhindern bislang den Geschäftsstart. Der Strommarkt wurde vor knapp 10 Jahren liberalisiert, doch das Strom-Kartell beherrscht nach wie vor den Markt. So können viele Windkraftbetreiber oftmals ihren Strom nicht verkaufen, weil die Netze des Stromkartells angeblich gerade "überlastet" sind bzw. der Strom wegen des Strompreises gerade knapp sein soll... So kann ein Atomkraftwerk mit der Technik der 60er Jahre monatlich noch eine Million Euro Gewinn einfahren, ohne dass in sorgfältige Wartung investiert wird; es gibt ohnehin keine Ersatzteile mehr für sie. Statt den Umbauprozess durch eine effizientere Stromnutzung, Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbare Energien voranzutreiben, warnen vor allem EnBW, E.on, RWE und Vattenfall vor einer drohenden Stromlücke in Deutschland. Dahinter steht die Verteidigung marktbeherrschender Stellungen auf dem Strommarkt und von Eigeninteressen. Die Neuorientierung ist ein Gebot der Vernunft. Sie ist volkswirtschaftlich zukunftsweisend, denn sie erschließt die Märkte der Zukunft und eröffnet neue Wettbewerbsvorteile. Versorgungssicherheit, Klimaschutz und eine preisgünstige Strombereitstellung werden möglich. Mehr bei http://dokumentation.zdf.de/ZDFde/inhalt/21/0,1872,5580821,00.html?dr=1 http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,545580,00.html http://www.wwf.de/presse/details/news/stromversorger_kassieren_milliarden http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=200050&_t=ft&_b=1100148 http://www.wir-klimaretter.de/?option=com_content&task=view&id=765&Itemid=275 http://www.konferenz.de/dn-regelenergie08 Die Politiker haben sich also wieder mal verrechnet bzw. trauen sich nicht, den mächtigen Lobbys die Stirn zu bieten. Die Verbraucher/innen jedoch haben die Macht, aus den Verträgen mit dem Kartell auszusteigen, um sich anderen Strom zu kaufen. Und das wäre im 21. Jahrhundert sinnvollerweise echter Ökostrom! Siehe unser Energietipp http://www.umweltbrief.org/neu/html/energietipp.html Eine kritische Bilanz von E.ONs Konzernpolitik ______________________________________________ Der Schattenbericht analysiert die Unternehmenspolitik und Strategien des marktbeherrschenden Energiekonzerns. urgewald hat sich die Bereiche Strom, Gas, Kohle und Atom angesehen sowie E.ONs Lobbypolitik untersucht. Während der E.ON-Vorstandsvorsitzende Wulf Bernotat in den Medien den Staat für die hohen Strompreise verantwortlich macht und jeden Manipulationsvorwurf von sich weist, hat urgewald ein Papier der Wettbewerbshüter, das nachzeichnet, wie E.ON seine Machtposition sichert und eine Strompreispolitik diskutiert, um hohe Preise abzusichern. E.ON wirbt zurzeit mit Erneuerbaren Energien für eine grüne Konzernpolitik und investiert zum Beispiel in Windkraft. Doch der kritische Bericht zeigt, dass das Herzstück von E.ONs Geschäften nach wie vor dreckige und gefährliche Energie ist. Fast 50% von E.ONs Strom kommen aus Atom - und 37% aus Kohlekraftwerken. In beiden Bereichen will der Konzern europaweit expandieren. Besonderes Augenmerk hat urgewald in dem 52-seitigen Bericht auf die atomaren Auslandsgeschäfte von E.ON gelegt, wo sich der Konzern neben Bulgarien, Großbritannien und der Slowakei auch in Finnland am Neubau von Atomkraftwerken beteiligen will. Und über die Beteiligungstochter Urenco ist E.ON am Export von 90.000 Tonnen abgereichertem Uran nach Russland beteiligt, wo die Fässer mit Atommüll unter freiem Himmel lagern und vor sich hin rosten. Mehr bei https://www.urgewald.de/index.php?page=4-70-392 http://www.heise.de/tp/blogs/2/107013 RWE auf Atomexpansionskurs __________________________ Anlässlich der RWE Hauptversammlung am 17. April hat urgewald die Atompläne des Konzerns unter die Lupe genommen. Denn der Konzern sabotiert nicht nur in Deutschland den Atomausstieg. In Bulgarien, Rumänien und Großbritannien will RWE gar am Neubau von Atomkraftwerken mitmischen. Erdbeben- und andere Gefahren interessieren den Konzern dabei nicht. Mehr bei http://www.urgewald.de/_media/_docs/RWE_4_08.pdf http://www.atombank-nein-danke.de Dreckschleuder Vattenfall und die schwedische Regierung _______________________________________________ Schwedens Staatskonzern Vattenfall setzt auf klimazerstörende Kohlekraftwerke. Damit hat Vattenfall 2007 über 2,5 Milliarden Euro Gewinne erzielt. Besonders makaber bei diesem Geschäft: Schwedens größter Staatskonzern produziert mit Kohlekraftwerken in Polen und Deutschland mehr CO2-Treibhausgase als ganz Schweden zusammen: 90 Millionen Tonnen CO2 emittierten die Vattenfall-Kohlkraftwerke 2006 in Deutschland und Polen und 60 Millionen emittiert ganz Schweden pro Jahr. Im letzten Jahr ist der CO2-Ausstoß nochmals um 11% gestiegen. Vattenfall besteht jetzt zusätzlich auf dem Bau des Hamburger Kohlkraftwerkes Moorburg. Mehr bei http://www.sonnenseite.com/index.php?pageID=6&news:oid=n9941&template=news_detail.html http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/vattenfall-soll-weniger-qualmen/?src=SE&cHash=69f87635c8 Stromlücken-Debatte _________________ Die "Stromlücken-Debatte" soll die Bevölkerung ängstigen und die Vormachtstellung der Energiekonzerne sichern. Besonders offenkundig werde der eigentliche Kern der energiepolitischen Auseinandersetzung durch die Position der Energiekonzerne zu den erneuerbaren Energien. Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW fordert von Politik, Wirtschaft und Medien, bei der energiepolitischen Debatte die tatsächlichen Fakten und Motive offen zu legen, statt die Ängste der Bevölkerung je nach Interessenlage zu instrumentalisieren. "Die ganze Diskussion um Versorgungslücken, Szenarien, CO2-Emissionen, Sicherheit und Techniken ist verlogen und vorgeschoben. Es geht interessierten Kreisen allein um die Frage, wer vom lukrativen Milliardengeschäft mit der Ware Energie profitiert", so IPPNW-Energieexperte Henrik Paulitz. "Für die mächtigen Energiekonzerne sind große Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke am besten, weil diese von ihnen betrieben werden und sie somit das Geschäft machen." Mehr bei http://www.ippnw.de/article/080415_Stromluecke.html