Juni 2004 Umweltbrief.org Nachhaltigkeit spricht viele Sprachen in der EU. ________________________________________________ In keinem Mitgliedsstaat der EU ist Nachhaltigkeit noch ein Fremdwort. 14 der 15 alten EU-Mitglieder verfügen über eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie. Von den zehn Beitrittsländern haben bis heute vier - Slowakei, Polen, Litauen und Lettland - eine solche Strategie verabschiedet, die restlichen sechs haben sie zumindest auf den Weg gebracht. Ein schöner Erfolg, urteilt die EU-Kommission angesichts der Tatsache, dass eine umwelt- und sozialverträgliche Entwicklung für die Politik ein relativ neues Feld ist. Im Oktober 2002 hatte der Umweltrat der EU die Mitgliedsstaaten verpflichtet, nationale Nachhaltigkeitsstrategien zu erarbeiten und sie spätestens ab 2005 in die alltägliche Politik umzusetzen. Die schlechte Nachricht: Nachhaltigkeit wird in jedem Mitgliedsstaat anders buchstabiert. Zwar umfassen alle nationalen Strategien die drei klassischen Dimensionen - Ökologie, Ökonomie, Soziales -, die Gewichtung ist jedoch höchst unterschiedlich. Einige Länder, beispielsweise Ungarn, verstehen unter Nachhaltigkeit im Wesentlichen Umweltschutz. Andere, darunter Polen, Großbritannien und Litauen, legen großen Wert auf ökonomische Kriterien wie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie. Viele der osteuropäischen Beitrittsstaaten haben eine vierte Säule in ihre Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen: den Schutz des kulturellen Erbes. "Die Unterschiede in den Strategien der einzelnen Länder ist auffällig", betont die EU-Kommission in ihrer ersten Analyse der Nachhaltigkeitsstrategien der Mitgliedsstaaten. Und es wird durch die Vergrößerung der EU nicht einfacher, eine zukunftsverträgliche Entwicklung auf einen einheitlichen Weg zu bringen. Wie wird Nachhaltigkeit in die Praxis umgesetzt? Die EU-Kommission hat verschiedene Schwachpunkte ausgemacht: - Institutionen und Prozesse sind ausschlaggebend für den Erfolg einer Nachhaltigkeitsstrategie. Häufig fehlt jedoch die aktive Unterstützung der politischen Spitze. In den meisten Strategien fehlt eine systematische Analyse der ökologischen, ökonomischen und sozialen Kosten, so dass es politischen Entscheidungsträgern schwer fällt, die richtigen Entscheidungen zu treffen. - Die meisten Strategien legen nicht offen, wie politische Entscheidungen getroffen werden, wie also ökologische, ökonomische und soziale Kosten- und Nutzenaspekte gewichtet und gegeneinander abgewogen werden und welche Kriterien letztendlich den Ausschlag geben. - Viele Strategien sind eher eine Ansammlung von Einzelzielen und Einzelaktionen, ohne die notwendige Verzahnung unterschiedlicher Politikbereiche. Häufig überwiegen zudem politische Entscheidungen, die im Widerspruch zur Nachhaltigkeit stehen. Werden außerdem die europäische, die nationale und die subnationale Ebene besser verzahnt, wird Nachhaltigkeitspolitik effektiver. Auch ist ein regelmäßiges Monitoring von Erfolgen und Misserfolgen unverzichtbar - nicht zuletzt, um die Nachhaltigkeitspolitik eines Landes immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Nur so kann verhindert werden, betont der EU-Report, dass das Ziel einer umwelt- und sozialverträglichen Entwicklung im Meer anderer politischer Ziele untergeht. Mehr bei http://europa.eu.int/comm/sustainable/pages/links_en.htm#_6