Juli 2003 Umweltbrief.org Militainment und Wahrheitsvernichtungswaffen ____________________________________________ Die USA rüsten sich für das Projekt für ein Neues Amerikanisches Jahrhundert. Die sog. "Crazies" im Pentagon, die von Bush sen. noch auf Distanz gehalten wurden, bestimmen jetzt die Geschicke der US-Verteidigungspolitik. Militainment, eine Mischung aus militärischer Gewalt und sehr professionell geführter und verkaufbarer Medienmanipulation macht sich breit; US-Haudegen Richard Perle, bis Ende März noch Vorsitzender des Defense Policy Board des Pentagon und Berater von Rumsfeld, meint: Die UN hat sich für Washington erledigt ("zu schlecht zu managen"), Chirac hat einen "schweren Fehler" begangen und nordkoreanische Atomanlagen werden demnächst bombardiert (Präventiver "chirurgischer" Schlag gegen Nordkorea). "Eigentlich wollen wir das ja nicht", so Perle. Aber die tun ja alle nicht, was Washington sagt. Rumsfeld denkt über eine unter der Regie des Pentagon stehenden internationalen Eingreiftruppe nach und Bush hatte schon während seines Wahlkampfes gesagt, dass friedenssichernde Operationen die Bereitschaft und die Moral der Soldaten senken, die zum Kämpfen ausgebildet seien. Mit solch einer angedachten Truppe will man sich möglichst ganz aus der UN zurückziehen, selbst die Nato scheint noch - dazu mit kritischen Partnern - zu verpflichtend oder einengend zu sein. Sie ist Ausdruck des erprobten Modells des amerikanischen Internationalismus, nämlich der Koalition der Willigen, so dass die USA das Zepter in den Hand behalten. (http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15096/1.html) US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice ruft die Europäer zum Kampf gegen Iran und Nordkorea auf und fordert den Schulterschluss mit den USA. Ähnlich wie vor dem Irak-Krieg drohte sie mit einem Alleingang der USA, wenn die Europäer nicht mitmachen, wobei sie militärisches Vorgehen nicht ausschloss. "Die Vermeidung von Gewalt an sich ist kein endgültiges Ziel. Manchmal muss man Kriege kämpfen, um mit Tyrannen umzugehen." Die Einheit mit den USA ist unsere historische Chance... (http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15090/1.html) [Ausgerechnet das verarmte Nordkorea soll hochkaratäge Infowar-Experten ausbilden, aber es ist noch nicht einmal gewiss, ob das Land tatsächlich Atomwaffen besitzt.] Es wurden auch ernste Folgen für Europa angekündigt, wenn die US-Bürger und Alliierte nicht weiterhin Immunität vor der internationalen Rechtssprechung genießen; ein Gesetzesentwurf droht beim Weltrechtsprinzip mit Gewalt! (http://www.telepolis.de/tp/deutsch/inhalt/co/14973/1.html) Das Netzwerk US-amerikanischer Militärstützpunkte stellt einen global-nebulösen Nicht-Ort dar, der ständig seine Koordinaten abhängig vom ökonomischen und politischen Klima wechselt. Auch die absolute militärische Dominanz im Weltraum wird vom Pentagon angestrebt. Die US-Regierung scheint jetzt eine noch aggressivere Haltung einzunehmen und die militärische Benutzung des Weltraums aktiv kontrollieren zu wollen - zumindest in den Umlaufbahnen um die Erde, die derzeit interessant sind. Schon der Rumsfeld-Bericht hatte vor einem Pearl Harbor im Weltraum gewarnt, wenn die USA nicht die erdnahen und geosynchronen Umlaufbahnen beherrsche. Dazu General Franklin Blaisdell, Leiter der Abteilung für "Space Operations and Integration" bei der US Air Force: "Ich glaube nicht, dass viele erkennen, wie mächtig wir sind. Alle Länder respektieren die Macht der USA, und sie respektieren, wie mächtig wir in dieser Region (dem Weltraum) sind. Wir müssen den Weltraum beherrschen, weil es sehr schwierig sein würde, einen Krieg ohne unsere Weltraummittel und die Möglichkeiten, die sie uns bieten, zu führen. Wir werden ein im Weltraum positioniertes Radarsystem haben, mit dem wir zu jeder Zeit beobachten können, was in kritischen Regionen der Erde geschieht. Wir werden die Bewegungen von potenziell feindlichen Ländern verfolgen und die Informationen schnell und leicht der internationalen Gemeinschaft übermitteln können. Gleich, ob es der Irak oder ein anderer Feind der USA und ihrer Alliierten ist, so sage ich Ihnen, dass wir so dominant im Weltraum sind, dass ich ein Land bemitleiden würde, das gegen uns antreten würde. Die Synergie der Luft-, Land- und Seekräfte und unsere Möglichkeit, das Schlachtfeld zu kontrollieren und den Luftraum einzunehmen, ist überwältigend." Daneben soll eine Armada an Raumschiffen entwickelt werden, mit denen sich Satelliten der Gegner angreifen und zerstören lassen. Selbst Alliierte sollen sich dem Ansinnen beugen müssen (und zwar ohne Veto-Möglichkeit), während die USA mit Waffengewalt die erdnahen Umlaufbahnen kontrollieren wollen. Mit der absoluten Weltraumhoheit hätten die USA zur Errichtung der "Pax americana" ein ungeheueres Drohpotenzial, aber gleichzeitig auch ein Lockmittel, "Alliierte und Freunde" zu gewinnen, die sich unter den Schutz der Supermacht begeben wollen/müssen... Doch diese militärische Übermacht fördert natürlich den Terrorismus und bald läuft die Zeit aus für den Mann, der die Probleme der Welt schnell und gerne auch militärisch lösen will, der im Auftrag von Gott handelt und den 11.9. als Zeichen für einen geschichtlichen Auftrag für God's own country und dessen Verkörperung George W. Bush sieht. Aber so schnell und mediengerecht, wie Bush die Probleme, wenngleich im göttlichen Auftrag und mit göttlicher Hilfe, im Sinne des "amerikanischen Internationalismus" gelöst haben will, geht es in der wirklichen Welt trotz der Möglichkeiten nicht zu, über die eine Supermacht verfügt - nicht in Afghanistan, nicht im Irak, nicht im Nahen Osten und nicht hinsichtlich al-Qaida. Bush könnte auch als warnendes Beispiel für einen US-Präsidenten in die Geschichte eingehen, der die Zeichen seiner Zeit nicht verstanden und zu wenig Geduld und Wissen aufgebracht hat, um die drängenden Fragen zu lösen - und nicht gefährlich zuzuspitzen. Mehr bei http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/14980/1.html Der Kommunikationswissenschaftler Noam Chomsky beschreibt seit vielen Jahren die Herstellung von Konsens durch gleichgeschaltete Massenmedien. Über die Gräueltaten der "Feinde" wird immer ausführlicher und negativer berichtet als über die der befreundeten Staaten oder Gruppen. Umgekehrt verhält es sich natürlich bei den Berichten über "verdienstvolle Handlungen". So sei eine tendenziell regierungsfreundliche Berichterstattung längerfristig besser für die Wirtschaft und damit auch für die Medienkonzerne selbst. Die mehrheitlich von Republikanern besetzte FCC hat die Kartellgesetze gelockert, so dass Kritiker um noch weiter schrumpfende Informationsvielfalt fürchten. (http://www.telepolis.de/tp/deutsch/inhalt/te/14925/1.html) Zwei von drei US Bürgern haben kein Vertrauen mehr in die Qualität des amerikanischen Journalismus, nachdem Reporter der "The New York Times" in Verruf gekommen sind. Amtsenthebungsverfahren - Impeachment für Bush ______________________________________________ Wie wir bereits im letzten Jahr an dieser Stelle andeuteten, steht Bush sehr wahrscheinlich bald ein Amtsenthebungsverfahren (Impeachment = Anklage auf Amtsenthebung) bevor, wie es seinerzeit (dem harmloseren) Richard Nixon schon ergangen ist. Man darf als Präsident alles, nur nicht wissentlich lügen! Werden die Lügen des US-Präsidenten vor dem letzten Irak-Krieg zu Bush's Watergate? Die ersten Stimmen aus dem US-Kongress, die der Bush-Regierung bewusste Irreführung vorwerfen, kommen aus der Ecke, die am meisten davon direkt profitieren könnte. So hat z.B. Senator John Kerry, ein demokratischer Präsidentschaftskandidat, deutlich gemacht: "[Bush] hat uns alle irregeführt. Deshalb kandidiere ich für die Präsidentschaft." Sollte er die Wahlen gewinnen, werde er der Sache auf den Grund gehen. Abgeordneter Kucinich, ein weiterer Kandidat für die Nominierung der Demokraten, hatte bereits am 5.6. die Resolution 260 verfasst, die vorsieht, dass die Bush-Regierung ihre Beweise für Massenvernichtungswaffen dem Abgeordnetenhaus vorlegen muss. Auch Howard Dean, Gouverneur von Vermont und Präsidentschaftskandidat für 2004, warf der Bush-Regierung "Irreführung" vor. Und es gibt anscheinend mehr als 41 Abgeordnete, die Bush Lügen strafen wollen, denn auch der demokratische Abgeordnete Jose E. Serrano aus New York, der die Resolution 260 nicht unterschrieben hat, spricht mittlerweile sogar offen von "Lügen": "[Bush] lied to the American people, to Congress, and to the United Nations about weapons of mass destruction, bombed a country and killed many people, [and] in the process we lost some of our own brave folks." Gerade wurde zwar ein Ausschuss im Kongress ins Leben gerufen, um die Beweise aus Geheimdienstkreisen zu untersuchen, doch die Ergebnisse der Untersuchung sollen nicht veröffentlicht werden. Dagegen würde Kerrys Resolution 260 solche Ergebnisse publik machen, und das könnte durchaus Konsequenzen haben. Beweise, selbst aus den eigenen Reihen, gäbe es genug, dass Bush & Co. gelogen haben. General Wesley Clark sagte im US-Fernsehen, dass er bereits am 11.9.2001 vom Weißen Haus dazu aufgefordert worden sei, vor der Presse zu behaupten, Saddam Hussein sei in die terroristischen Anschläge verwickelt gewesen. Und aus England kommt der Vorwurf von der ehemaliges Entwicklungshilfeministerin Claire Short, dass Bush und Blair sich bereits im Sommer 2002 auf einen Krieg gegen den Irak geeinigt hatten. Jetzt bekommt auch Tony Blair zunehmend Kritik von allen Seiten. Wenn es gelingt, die breite Öffentlichkeit zu mobilisieren, gelingt auch das Amtsenthebungsverfahren. Schon jetzt ist klar, dass die großen Medien von The Atlantic bis zur Los Angeles Times das Problem der Glaubwürdigkeit darin sehen, dass die Bush-Regierung für künftige Interventionen weniger Unterstützung bekommen könnte. Mehr bei http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15050/1.html The RESOLUTION OF IMPEACHMENT OF PRESIDENT GEORGE WALKER BUSH at http://www.impeach-bush-now.org/Articles/CampaignMore/GonzalesResolution.htm Und was wäre, wenn Bush tatsächlich des Amtes enthoben werden würde? Öl-Gangsterboss Dick Cheney würde ans Ruder kommen, das er als Steuermann und eigentlicher Geschäftsführer der Regierung ohnehin längst bedient. Hillary for President _____________________ Das regten wir hier schon vor sechs Monaten an. Nun räumen Hillary Clinton 37 Prozent der Befragten die besten Chancen ein, 2004 den Republikaner-Präsidenten George W. Bush aus dem Amt zu kippen. Die Senatorin und letzte First Lady ist der neue Wunsch- und Schattenkandidat ihrer Partei und bis heute das faszinierendste Mitglied der Demokraten. Hillary Clinton ist auf einmal wieder das politische Tagesthema einer Nation, deren jetziger Biedermann-Präsident wenig Unterhaltungsstoff bietet. Gesteuert wird die jüngste "Hillarymania" (Chicago Sun-Times) derzeit ganz geschickt von ihr selbst. Am 9. Juni kamen ihre Erinnerungen an die Jahre im Weißen Haus ("Living History") weltweit in den Buchhandel - eine erste Stellungs-Positionierung für den übernächsten Präsidentschaftswahlkampf 2008, an dem sie Interesse hat. Denn mehr noch als die privaten Details ihrer Odyssee möchte Clinton ihre politischen Werte verkaufen. Aus dem Rennen 2004 will sie sich heraushalten und hat sogar ihre Chef-Strategen für die Parteikollegen freigestellt. Soll es doch denen überlassen bleiben, sich mit dem populären George W. Bush einzulassen. 2008 aber sei eine Option. Bush würde dann, so überhaupt wieder gewählt, nach zwei Amtsperioden automatisch ausscheiden. Und Mrs. Clinton hätte den gerissensten Polit-Taktiker ihrer Generation als Wahlkampfchef zur Seite: ihren Ehemann. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,251026,00.html