April 2010 Umweltbrief.org Immer erst die Industrie fragen _______________________________ Eine Allianz von Großunternehmen und Wirtschaftsverbänden setzte in den 1990er Jahren durch, dass europäische Gesetze vorab auf ihre ökonomischen Kosten untersucht und dabei vor allem die betroffenen Branchen gehört werden sollten. Publik wurde die verdeckte Lobbykampagne durch eine britische Studie, die im Januar in der Medizinzeitschrift Public Library of Science erschien. Brüssel ist eine Metropole des Lobbyismus: etwa 15.000 bis 20.000 hauptamtliche Interessenvertreter sind beschäftigt, die einzelnen Richtlinien und Verordnungen im Sinne ihrer Auftraggeber zu beeinflussen. Aus Lobbysicht wäre es wünschenswert, wenn man den Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens prinzipiell so gestalten könnte, dass die eigenen Interessen möglichst gut zur Geltung kommen. Genau dies ist einer strategischen Allianz von Großunternehmen und Wirtschaftsverbänden gelungen, die von dem Lucky-Strike-Hersteller British American Tobacco (BAT) ins Leben gerufen wurde. Es gibt Assessment-Verfahren, die die Auswirkungen der Gesetzgebung auf Umwelt und Gesundheit akzentuieren, aber auch Varianten, in denen die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft im Mittelpunkt steht (business impact assessment). Demnach muss die EU-Kommission, bevor sie neue Rechtsvorschriften erlässt, "umfassende Anhörungen durchführen" und zudem dafür Sorge tragen, dass "die finanzielle Belastung und der Verwaltungsaufwand (...) der Wirtschaft und der Bürger so gering wie möglich gehalten werden und in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen". Im Klartext bedeutet dies, dass Gesetzentwürfe etwa zum Umwelt- und Gesundheitsschutz wieder in der Schublade verschwinden oder aufgeweicht werden, falls sie zu hohe Kosten verursachen könnten, und dass bei der Abschätzung dieser Kosten die Vertreter der Wirtschaft zu konsultieren sind. Mehr bei http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2010/03/immer-erst-die-industrie-fragen Schlaraffenland für Pharmahersteller ____________________________________ Dem Einfluss der Pharmaindustrie und ihrer Lobbyverbände ist kaum einer gewachsen. Die Lobby der Pharmaindustrie ist so einflussreich, dass selbst Regierungen nicht dagegen ankommen, sagt Philipp Mimkes. Als Geschäftsführer der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) beschäftigt sich der Diplom-Physiker seit Jahren mit den Machenschaften der Pharmabranche. Auch der neue Gesundheitsminister wird nicht für merklich sinkende Ausgaben für oft nutzlose Arzneimittel sorgen. Die Einführung einer Positivliste (mit den therapeutisch sinnvollen Medikamenten, die von den Krankenkassen erstattet werden, d. Red.) musste daher scheitern. Mehr bei http://www.cbgnetwork.org/3301.html