September 2004 Umweltbrief.org Clanwirtschaft oder Nachhaltige Zukunft ist weiblich ____________________________________________________ Über matriarchales und nachhaltiges Leben und Wirtschaften: Wer von Nachhaltigkeit spricht, meint meist eine nachhaltige Wirtschaftsweise. Eine nachhaltige ökologische Entwicklung, die der Natur weniger entnimmt, als im Jahreskreislauf wieder nachwächst, hängt jedoch stark vom jeweiligen Gesellschafts- und Kulturmodell ab. Unsere patriarchale Gesellschaftsform mit ihren Prinzipien der Herrschaft des Menschen über andere Menschen und über die Natur ist mit einer hemmungslosen Ausbeutung verbunden. Wirklich nachhaltig kann eine matriachalisch organisierte Gesellschaftsform sein; die Herrschaft wird hier nicht einfach nur durch die Frauen ersetzt, sondern funktioniert als egalitäre Gesellschaft ohne Herrschaft und Ausbeutung. Die heute noch erhaltenen Matriarchate in Ostasien, Indien, Afrika, dem Pazifischen Raum etc. beruhen auf der Gleichwertigkeit der Geschlechter und haben über die Jahrtausende gesellschaftliche Muster entwickelt, die wir heute dringend brauchen können. Ökonomisch sind Matriarchate meist Ackerbaugesellschaften mit lokaler oder regionaler Autarkie. Land und Häuser sind Eigentum des Clans im Sinne von Nutzungsrecht. Privatbesitz und territoriale Ansprüche sind unbekannt. Im Mittelpunkt dieser Ausgleichsökonomie steht die Balance; die Schere zwischen arm und reich bleibt dadurch aus. Sozial beruhen matriarchale Gesellschaften auf der Großfamilie, dem Clan, als elementarster sozialer Einheit, und nicht auf der Kleinfamilie [die meist allein auf den Mann angewiesen ist]. Man lebt in großen Sippen zusammen, die nach dem Prinzip der Verwandtschaft in der Mutterlinie aufgebaut sind. Die matriarchale Form der Ehe ist sehr offen und auf die Nacht begrenzt. Die Kinder gehören zum Clanhaus der Mutter, die auch die Kontrolle über Felder, Häuser und Nahrungsmittel haben. Ökonomische Abhängigkeiten zwischen Mann und Frau sind ausgeschlossen und gesellschaftliche Krisen können so verhindert werden! Politisch basiert die matriarchale Gesellschaft auf Vereinbarungen der einzelnen Clanhäuser. Alle Angelegenheiten werden von Frauen und Männern im einstimmigen Konsens entschieden, Kinder haben ab 13 Jahren volles Stimmrecht. So ist die Bildung von Machtgefällen, Hierarchien und Klassen zwischen den Geschlechtern und Generationen ausgeschlossen. Patriarchalische Gesellschaften haben zu viele Menschen sowie zu viele äußerlich wie innerlich verelendete Menschen hervorgebracht, so dass keine soziale Nachhaltigkeit entstehen kann. Wir können jedoch von den Jahrtausendelang erprobten Mustern der matriarchalen Gesellschaftsform Anregungen für unseren Weg in eine neue egalitäre und nachhaltige Gesellschaft erhalten. Ökonomisch geht es jetzt weltweit darum, die Strukturen von regionalisierten, sich selbst erhaltende und autonome Gesellschaftsformen zu stärken und zu erweitern und sie vor der Globalisierung zu schützen. Für uns geht auch es darum, aus der weiteren Atomisierung der Gesellschaft herauszukommen, die die Menschen immer tiefer in Vereinzelung und Vereinsamung treibt und sie krank und destruktiv werden lässt. Das ist der Nährboden für Gewalt und Krieg. Es geht um die Bildung wahlverwandter Gemeinschaften verschiedener Art, wie Öko-Dörfer, Lebensgemeinschaften, Nachbarschaftsgemeinschaften oder Netzwerke. In einer solchen Clanwirtschaft gibt es ein anderes Wertesystem, nämlich die Orientierung an gegenseitige Fürsorge und Liebe statt an der Macht. Das matriarchale Konsenzprinzip ist für eine nachhaltige egalitäre Gesellschaft unverzichtbar. Es stellt eine Balance zwischen Frauen und Männern her und auch zwischen jung und alt. Ferner ist jetzt die Zeit, in der das Bewusstsein entstehen sollte, dass die ganze Welt mit allem, was darin und darauf existiert, göttlich ist. Und zwar nicht als kirchliches Dogma, sondern als unaufhörliche, vielfältige Feier des Lebens und der sichtbaren Welt. Die matriarchale Gesellschaftsform und ihre Clanwirtschaft ist keine abstrakte Utopie, sondern ein lange erprobter kultureller Wissensschatz der Menschheit. Sie kann hier und jetzt überall eingeübt werden. Mehr von Dr. Heide Göttner-Abendroth bei http://goettner-abendroth.de/deutsch.htm Quelle: natur+kosmos (global marshall plan initiative) August 2004